Wie schon in den Jahren zuvor war der 1. Mai verregnet und grau. Viele Zuger JUSOs waren schon an der Demo in Zürich und kamen durchnässt in Zug an. Ca. 100 Leute waren ab 17 Uhr auf dem Landsgemeindeplatz, um den diesjährigen Tag der Arbeit zu feiern. Die Stände waren dieselben wie in jedem Jahr; die Gewerkschaften waren mit vpod, UNIA und sev sowie durch den Gewerkschaftsbung Zug (GBZ) vertreten. Es gab einen tamilischen Stand, der Essen verkaufte, was auch einige andere Stände taten.
[caption id="attachment_187" align="alignright" width="120"] Joelle Flanders[/caption]
Die Jungen und "alten" Altenativen sowie der Systembruch warben mit Flyern, Klebern und anderem Material. Wir JUSOs machten das auch: Feuerzeuge, Flyer für den Nationalrat, Kleber und Pins für die Lernenden Kampagne und Unterschriftenbögen für die Wohnrauminititative und die Lernenden Petition. Daneben noch einige Flyer für die Erbschaftssteuer, die von der SP beigesteuert wurden. Es waren ziemlich viele JUSOs trotz dem schlechten Wetter gekommen - einige auch wegen den jungen Zuger Rednerinnen. Zwischen den Reden spielte Joelle Iana Flanders, mit ihrer tollen Stimme und schönem Gitarrenspiel sorgte sie für gute Stimmung.
Nach Musik und Reden gab es von First Firday die Veranstaltung "1. Mai – bezahlt und frei!". 1973 brachte die frisch gegründete Revolutionäre Marxistische Liga den 1. Mai wieder auf die Zuger Strassen. Auf dem Fronttransparent: „1. Mai – bezahlt und frei!“ – nicht gerade eine revolutionäre Forderung, die aber bis heute im Kanton Zug unerfüllt blieb. Seitdem kam es um die Organisation des „Tages der Arbeit“ immer wieder zu Auseinandersetzungen innerhalb der Gewerkschaften und der Linken. Der „traditionelle 1. Mai“ und der „offizielle 1. Mai“ erlebten in Zug eine lebhafte Geschichte. Bruno Bollinger war seit 1972 an der Organisation des 1. Mai in Zug beteiligt. Er arbeitet seit einigen Jahren an der „Geschichte der Gewerkschaften und des 1. Mai in Zug“. Darüber verschaffte er den Teilnehmenden einen guten Überblick. Die anwesenden JUSOs waren sehr erstaunt, dass es schon zwei 1. Mai-Demos mit 1000 TeilnehmerInnen gegeben hatte. Dazu sagen wir: Challenge accepted!
Die drei diesjährigen 1. Mai Rednerinnen
[caption id="attachment_186" align="alignright" width="300"] Foto der drei Rednerinnen[/caption]
Die erste Rednerin, Katharina Preliz-Huber (Präsidentin vpod), hielt eine typische Gewerkschaftsrede: „Die Schweiz ist so reich wie nie. Alle ArbeiterInnen, Angestellte und Rentnerinnen könnten gut leben, würde die ausgezahlte Lohnsumme pro Jahr fair durch alle Arbeitenden verteilt."
Fabienne Widmer, Nationalratskandidatin für die Junge Alternative, prangerte besnders das Sparpaket an: „Anstatt einzusehen, dass eine Tiefsteuerpolitik nicht zum gewünschten Ziel führt, und man deshalb die Steuern erhöht, werden 280 Massnahmen zum Sparen verabschiedet. Und hier ist es doch ironisch, dass ein Stadttunnel für eine Milliarde gebaut werden soll und gleichzeitig im Rahmen des Sparpakets die Billettpreise für den öffentlichen Verkehr erhöht werden.“
Anna Spescha, Nationalratskandidatin der JUSO Zug, machte mit ihrer Rede auf verschiedene Probleme aufmerksam. Ein Zitat ihrer Rede wurde sogar zur Überschrift des Artikels in der Neuen Zuger Zeitung.
Rede von Anna Spescha, Co-Präsidentin der JUSO Zug
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe versammelte Linke, liebe Anwesende
Wir sind heute, am Tag der Arbeit, hier, um für faire Arbeitsbedingungen zu kämpfen, für mehr bezahlbaren Wohnraum, gegen Sparpakete, für die Völker- und Menschenrechte, gegen den Klimawandel, für grüne Energien. Das sind einige der linken Alltagsbaustellen. Alltäglich ist auch Marktversagen. Die Krisen, die wir jetzt und in den letzten Jahren erleben, sind Teil des kapitalistischen Systems. Der Kapitalismus braucht Wachstum, um zu funktionieren – dabei weiss jedes Kind, das nichts ewig wachsen kann. Deshalb gibt es immer wieder Krisen und aus dieser scheinen wir kaum mehr hinauszukommen. Auf der ganzen Welt gibt es Unruhen, weil die Menschen keine Lebensgrundlage mehr haben. Auch hier in der Schweiz beginnt die heile Welt zu bröckeln: Den Reichen macht man Steuergeschenke, für den Rest bleiben Sparpakete. Firmen entlassen Leute, die Arbeitsbedingungen werden verschlechtert, Einstellungsstopps werden verhängt. Der Sparwahn ist omnipräsent. Betroffen sind vor allem die Bildung und der Gesundheitsbereich, in Zug zudem auch der Behindertenbereich.
Wir sind Teil eines weltweiten Wettkampfs um tiefe Steuern, tiefe Preise – möglichst wenig kosten muss alles. Dank WTO und Weltbank lassen die Staaten ihre Regulierungshüllen fallen. Volle Konkurrenz, überleben des „wirtschaftlicheren“. Wer nicht funktioniert, wird fallen gelassen in die Sozialwerke, doch dieses Netz bekommt Löcher, hineingerissen von bürgerlichen Ideologien. Die unsichtbare Hand des Marktes wird schon alles regeln, sagen die Neoliberalen. Dabei versagen Märkte wohl öfter als sie funktionieren.
Wir, wir sind reich. Wir können die Landwirtschaft subventionieren. Die EU auch. Aber in Afrika haben die Staaten dieses Geld nicht. Es fehlt auch für Bildung und Forschung, die so notwendig wäre. Für hohe Erträge braucht es gutes Saatgut und angepasste Anbaumethoden. Der Hunger müsste nicht allgegenwärtig sein, doch die westlichen Länder profitieren davon. Firmen mit Sitz in der Schweiz, in Zug, bereichern sich auf deren Kosten – auch wenn es Menschenleben kostet.
Skrupellos sind die Konzerne wenn es um ihren Gewinn geht, doch hier wollen sie doch nicht so viel Geld haben – dann müssten sie ja noch Steuern zahlen! Ja, wir haben tiefe Steuern und locken damit das Kapital an. Doch was nützt uns das, wenn man nicht mehr hier wohnen kann? Deshalb sammeln wir, Junge Alternative und JUSO, eine Initiative für mehr bezahlbaren Wohnraum, wer noch nicht hat unterschreibt bitte an unseren Ständen.
Das heutige Motto ist „Sparpakete versenken statt Steuern senken!“ Wir wehren uns gegen die Sparpakete und Leistungskürzungen im Staat, doch eines muss uns klar sein: Im Kapitalismus ist nur Pflästerli-Politik möglich. Egal wir gross die Pflaster und Verbesserungen sind, das Problem liegt im System selber. Wir müssen den Leuten zu verstehen geben: wir kennen die Probleme, wir versuchen sie im Parlament zu verbessern. Aber wir haben auch langfristige Lösungen. Deshalb brauchen wir den Sozialismus. Sozialismus ist ein grosses Wort, jeder stellt sich etwas anderes darunter vor. Ich habe die Vision einer Gesellschaft, in der jeder gleichberechtigt ist und in der alle die Chance haben, ein gutes Leben zu führen. Dies ist mit einer gesellschaftlichen Produktion möglich. Schonender Umgang mit den Ressourcen ist notwendig. In der Industrie, in den Haushalten, aber auch in der Landwirtschaft. Wir müssen mit unserer Umwelt und unseren Mitmenschen sorgsam umgehen. Nur so ist ein gemeinsames Zusammenleben möglich. Ihr mögt denken: dafür braucht es den Sozialismus nicht. Falsch! Im Kapitalismus regiert das Kapital, der Markt. Die Politik kann regulieren, aber auch sie wird von der Wirtschaft und den Eliten dominiert.
Nur in einem System, in dem der Mensch, das Individuum, im Vordergrund steht, kann es ein friedliches Zusammenleben von Menschen und im Einklang mit der Natur geben! Deshalb sind wir heute hier, deshalb gehen wir auf die Strasse, dafür kämpfen wir! Venceremos!