Nein zur "Selbstbestimmungs"-Initiative

19.11.2018

Die Schweiz hat ein hervorragendes politisches System. Jede/r kann für seine Begehren eine Initiative starten und hat so die Möglichkeit, seine/ihre Anliegen in die Verfassung zu schreiben. Doch es gibt etwas wichtiges, das fehlt: die Schweiz hat kein Verfassungsgericht. Kein unabhängiges Schweizer Gericht prüft, ob eine Initiative oder ein Gesetz, das vom Parlament beschlossen wird, unseren Grundrechten widerspricht. Deshalb hat sich die Schweiz dafür entschieden, einen anderen Schutz einzuführen: die Menschenrechte. Das demokratisch gewählte Parlament hat 1974 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert. Seitdem stellt die Schweiz ebenso wie die anderen Mitgliedsstaaten einen Richter oder eine Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Bei einer Annahme der „Selbstbestimmungs“-Initiative der SVP würden die Menschenrechte als letzte Schutzinstanz wegfallen. Theoretisch könnte eine Verfassungsänderung oder ein Gesetz beschlossen werden, das unsere Grundrechte verletzt – und wir könnten uns bei nicht mehr dagegen wehren. In der Schweiz haben wir dank der direkten Demokratie mehr Selbstbestimmung als in den meisten anderen Ländern. Wir können gegen fast alle Staatsverträge ein Referendum ergreifen, sie sind somit doppelt legitimiert. Hat man einen Vertrag abgeschlossen müssen sich alle Vertragspartner daran halten. Die SVP-Initiative widerspricht dem: die Schweiz hätte nicht nur keine Menschenrechte mehr, sie würde auch vertragsbrüchig und somit unzuverlässig. Ich bin für Menschenrechte, für Souveränität und deshalb gegen die schädliche SVP-Initiative.
Anna Spescha, Co-Präsidentin JUSO Zug